Ricoh Gerbl - Bilder, Werke und Fotografie

Ricoh Gerbl


Hintergrundinformationen zu Ricoh Gerbl

Einführung

Wie bestimmt eine Straße, wohin ein Mensch gehen soll? Erkenne ich aus den Konstellationen einer Gruppe die Nähe ihrer Mitglieder zueinander? Wie erreiche ich durch die Auslöschung der Details einer Umgebung den Eintritt in den rein assoziativen Raum? Wie kann ich erreichen, dass durch die Auslassung, dass trotz der extremen Überbelichtung, ja geradezu Eliminierung der ortsspezifischen und sozialen Information trotzdem „volle“ Bilder entstehen? Die Berliner Künstlerin Ricoh Gerbl schenkt uns mit ihren Fotografien von hellen Städten, Konstellationen und Situationen aus der Serie „Von Montag bis Sonntag“ minimalistische Veduten, in denen das „Licht an sich“ zu malen scheint, in denen das Vokabular der visuellen Zeichen von ihr auf das absolut notwendige Minimum reduziert wurde.



Paare, Passanten



Die erste Ansicht der neuen Arbeiten von Ricoh Gerbl legen diesen Titel nahe. Sie beschreibt, was zu sehen ist. Aber das Sehen und das Gesehene gehören zwei  verschiedenen Kategorien an. In einer vereinfachten Beschreibung ließe sich hier zwischen  dem Akt der Wahrnehmung und der Erinnerung an diesen Akt differenzieren. Die Differenz aber ist nur vorgegeben, denn das Gesehene ist in der Erinnerung abgespeichert als ein Bild. Dieses Bild aber ist nicht als Erinnerung der Wahrnehmung vorhanden.  Vor den Bildern von Ricoh Gerbl aber geschieht etwas  anderes. Vor dem Betrachter scheint sich das Abgebildet im Bild aufzulösen, als wäre es tatsächlich eine Erinnerung. Aber die Erinnerung kennt zwei  ‚Richtungen’. Die eine besteht in der Auflösung, die andere in der Konstruktion. Wir erinnern uns, weil wir uns erinnern wollen.
Diese Doppelung der Wahrnehmung lässt sich auch vor den Bildern von Ricoh Gerbl feststellen. Denn das, was wir wie hier sehen, ist auch entstanden auf der Oberfläche der Bilder. Was nicht sichtbar ist, kann sogar sprachlich ergänzt werden, wenn es erkannt wird. So sind die schmalen Striche auf der Strasse keinesfalls auf der Strasse, sondern sie sind Schattenwürfe der  Strassengitter. Die Paare sitzen selbst auf diesen Gitter und das lässt sich erkennen. Neben der Auflösung existiert auch eine Konstruktion. Die kann sozusagen auf der Oberfläche des Bildes entstehen, als ein Konterpart zur Auflösung. Aber andererseits geschieht diese Konstruktion auch im Auge des Betrachters. Der geht nicht mit leeren Augen auf die Wahrnehmung zu, sondern trägt das schon Gesehene in das neu Gesehene mit hinein. Jedes Sehen ist auch immer ein Wiedererkennen.
Dieses Wiedererkennen wird im Titel verdeutlicht.  Er ist eine Referenz an die Theaterstücke von Botho Strauss und die Bilder von Ricoh Gerbl erinnern den Autor an die Bühnenbilder  der Inszenierungen der Stücke von Botho Strauss an der Schaubühne Berlin.
Ricoh Gerbl lässt ihre Bilder begleiten von  kurzen Texten . „Nimmt das Gesehene als Hintergrund, als Bühnenbild an, ...“ Bild und Text, jedes für sich und dennoch in Abstimmung  miteinander, verständigen sich: Festhalten oder flüchten. Auf der
Schaubühne Text  ist beides möglich. Wie in den Bildern von Ricoh Gerbl: Erscheinung und Auflösung.

Thomas Wulffen

Vita

1990-1997Werkverträge für Photographie, Berliner Senat, soziale Künstlerförderung
1993Arbeitstipendium für Literatur, Berliner Senat, Künstlerinnenprogramm
1996Arbeitsstipendium für bildende Kunst, Berliner Senat
2004Aufenthaltsstipendium für Literatur, Salzwedel
lebt und arbeitet in Berlin

Publikationen

von hundert, 02-2008, Gespräch mit Ricoh Gerbl von Barbara Buchmaier
Eikon #54, “Photographs for a Project by Eve Sussman,” 2007
Art in America, “Photographs for a Project by Eve Sussman,” 2007
Flash Art, Vol XXXIX No. 246, “Photographs for a Project by Eve Sussman,” 2006

Camera Austria, Issue 74, 2001
Camera Austria, Issue 64, 1998

Ausstellungen

 
2021Lesungsverlosungsaktion, Lobe Block Terrrassenhaus, Berlin, Deutschland
2019It’s Your Turn, Zentrum für aktuelle Kunst, Zitadelle Spandau, Berlin, Deutschland
2008Thank you for judging, Medizinhistorisches Museum der Charité, Berlin, Deutschland
2007Mittwoch, Visite ma tante, Berlin, Deutschland
2004The Mother and Apartmentgrafting, Smack Mellon, New York, Vereinigte Staaten

Expressgrafting, vier Apartments, New York, Vereinigte Staaten

2000Kimmst amoi wieda zu mia, Künstlerhaus Bethanien, Berlin, Deutschland
1999Die Wohnungspfropfungen, acht Wohnungen, Berlin, Deutschland
1998Die Wohnungspfropfungen, vier Wohnungen, Berlin, Deutschland
1997Verharren in Zwischenstopps, Annelies Diltschev, Berlin, Deutschland
1986Ich muss mich nur noch fertig machen, dann bin ich fertig, Die der Art guten

Freunde, Berlin, Deutschland

2022Die Auswilderung wird verschoben, Projektraum Verein der Berliner Künstlerinnen 1867, Berlin, Deutschland
2021RaumSchau, Galerie Goldwerk, Rostock, Deutschland
2020POP UP SHOW, Haus Kunst Mitte, Berlin, Deutschland
2017Fortsetzung jetzt, 150 Jahre Verein der Berliner Künstlerinnen, Projektraum Alte Feuerwache, Berlin, Deutschland 
2013Ausstellung zum Marianne Werfekin-Preis, Galerie Pankow, Berlin und Spinnereirundgang Leipzig, Deutschland
2008Existence in a Letter, Cluster, Berlin, Deutschland
2006von der Angst, Kunstverein Tiergarten, Berlin, Deutschland

Inselglück, Galerie Nord, Berlin, Deutschland

2005ZBO – Subduktive Massnahmen - 1500 Jahre Sonderschutz für 50 Kunstwerke, Zentraler Bergungsort Oberried / Breisgau, Bundeskunsthalle Bonn, Bonn, Deutschland

Goldenes Zeitalter, Galerie Nord, Berlin, Deutschland

2002Gehag Forum, Berlin, Deutschland
2001Familienbild, NGBK, Berlin, Deutschland