Die Geschichte des Bauhaus

Die schlichte, passgenaue Linienführung des typischen Bauhaus-Designs findet sich überall auf der Welt. Der Siegeszug des modernen Designs und der modernen Architektur hatte seinen Ursprung in der Bauhaus-Ästhetik. Das Bauhaus ist auch nach über 100 Jahren seiner Gründung quicklebendig! Erfahre im Artikel mehr über die Anfangsgeschichte des Bauhaus und was die besonderen Merkmale dieser Bewegung sind.

Was ist das Bauhaus?

Vor mehr als einhundert Jahren, während einer Zeit der aufkommenden industriell gefertigten Massenproduktion, rief der Architekt Walter Gropius 1919 eine Kunstinstitution ins Leben. Ziel war es, „eine neue Handwerkergilde zu gründen, ohne die Klassenunterschiede, die eine arrogante Barriere zwischen Handwerker und Künstler aufwerfen“. Das Staatliche Bauhaus war geboren.
 
Um das Kunsthandwerk wieder zu beleben, sollte das Bauhaus die bis dahin getrennten Bereiche der bildenden, angewandten und darstellenden Künste miteinander verbinden und so eine übergeordnete Philosophie schaffen, die – als neue Formensprache – dem industriellen Herstellungsprozess gerecht wird.
 
Ein Stab von namhaften Handwerkern, Architekten, Bildhauern und Malern – darunter zum Beispiel Paul Klee,  Wassily Kandinsky und Marianne Brandt – unterrichteten an der Schule, die einen enormen Einfluss auf alle künstlerischen Bereiche hatte. So gilt das Bauhaus auch heute noch als wichtigste künstlerische Bildungsstätte des 20. Jahrhunderts und als Sinnbild der Moderne in den Bereichen Architektur und Design. 1925 zog das Bauhaus von Weimar nach Dessau und 1932 nach Berlin, bis es ein Jahr später unter dem Druck des Nazi-Regimes aufgelöst wurde.
 
Buahaus Dessau
Seitenansicht des Bauhaus Dessau, Horst & Daniel Zielske, 2018/19

“Form follows function”

Das ist der Leitspruch des Bauhaus. Seit ihrer Gründung betont die Schule Harmonie zwischen Form und Funktion und wird mit einer Ästhetik der klaren Linien und programmatischem Minimalismus verbunden.

Die Besonderheiten des Bauhaus

Die systematische Art, wie das Studium am Bauhaus aufgebaut wurde, ist bis heute wegweisend für Designausbildungen. 

Das höchste Bestreben war dabei aber immer die Architektur. Nach der Vorlehre, die ein Jahr dauerte und in der Studierende frei waren, mit Materialien zu experimentieren, folgte eine handwerkliche und künstlerische Ausbildungen in den Werkstätten. Dort unterrichteten Künstler der Avantgarde und Handwerksmeister Seite an Seite. Celebrities der damaligen Zeit wie Paul Klee, Wassily Kandinsky, László Moholy-Nagy oder Lyonel Feininger waren eher die Regel als die Ausnahme, die die Professorenschaft zierten. 

Der Umgang mit den Materialien Glas, Ton, Metall, Stoff, Holz und Farbe sollte in den hauseigenen Werkstätten eingeübt und perfektioniert werden.

Im dritten Jahr schließlich wurden die begabtesten Studierenden zur Baulehre zugelassen. Erst ab 1927 etablierte sich im heutigen Sinne ein Architekturstudiengang. 

Durch ständige Anfeindungen und das sich rasch verändernde politische Klima der späten Weimarer Republik, war das Bauhaus immer in seinem Bestehen gefährdet. Umso wichtiger war der Zusammenhalt unter den Studierenden und den Lehrkräften. Es wurden Feste gefeiert, Theateraufführungen produziert, Musikantentruppen gegründet, gemeinsam gewohnt, gegessen und Sport getrieben.

Das ganzheitliche Konzept des Bauhaus ging daher über eine bloße Ausbildung hinaus und zielte darauf ab, den Menschen in Körper und Geist zu erfassen.

Unter der späteren Leitung von Ludwig Mies van der Rohe allerdings entwickelte sich das Bauhaus vollends Richtung technischer Hochschule für Architektur und Bauingenieurwesen.

Eine berechtigte Kritik am Bauhaus bleibt der Umgang mit Frauen. Obwohl viele Studierende Frauen waren, wurden sie oft in weiblich konnotierte Abteilungen wie die Weberei  “abgeschoben”. Diese unterstand Gunta Stölzl – als einziger Frau in einer verantwortlichen Position am Bauhaus. Der Zugang zum Architekturstudium wurde den Studentinnen beispielsweise oft verwehrt. Die Weberei war allerdings eine der erfolgreichsten Abteilungen des Bauhaus und finanzierte den gesamten Betrieb mit, auch wenn diese nicht als Aushängeschild fungieren sollte.

Trotzdem brachte das Bauhaus starke Frauen in Kunst und Design hervor, deren Entwürfe und Produkte bis heute Einfluss haben.

Bauhaus Poster
Poster von Joost Schmidt, Bühnendesign, 1925-26, via WikiCommons

Die Erben des Bauhaus

Moderne, funktionale Architektur, Hochhäuser und Glasfassaden, die die Skylines unserer Metropolen prägen, wären ohne den Einfluss des Bauhaus und seiner berühmten Architekten und Lehrer kaum möglich gewesen. Vor allem im Exil in den USA lebte das Bauhaus weiter. Am Black Mountain College in North Carolina, das von 1933 – 1957 bestand,  setzten Josef Albers, Ludwig Mies van der Rohe und Anni Albers ihre Lehrtätigkeiten fort. Alle hatten zuvor in Deutschland am Bauhaus unterrichtet.

Der sogenannte International Style setzt sich mit seinen kubischen Formen und reduzierter Ästhetik ortsunabhängig durch. Dieser Baustil sollte neutral und universal überall auf der Welt angewandt werden können, um moderne und funktionale Architektur zu etablieren. Hierin liegt übrigens eine große Kritik: Die so gestaltete Architektur kann als vorhersehbar, limitiert, langweilig, steril und gleichförmig empfunden werden. Wichtige Bautraditionen, regionale Unterschiede und Baustile werden ignoriert und rauben den Städten ihren einzigartigen Charakter.

Ob das stimmt, muss wohl jede*r für sich selbst entscheiden. 

In der Professionalisierung der Ausbildung für künstlerische Berufe hat das Bauhaus seine Spuren international hinterlassen. Viele Hochschulen für Gestaltung und Kunst halten sich bis heute an vom Bauhaus etablierten Prinzipien: 

Eine breite Vorlehre oder Vorkurs (im heutigen Sinne ein Grundstudium) mit anschließender Spezialisierung. Dabei wird Wert gelegt auf die eigenständige Entwicklung einer künstlerischen Handschrift und Erarbeitung von Themen. Im Gegensatz dazu waren vorangegangene Kunstausbildungen oft nur darauf ausgelegt, Techniken anhand von Nachahmung z.B. alter Meister anzulernen.

Berühmte Bauhaus Kunstwerke und Bauten

  • Barcelona-Pavillon  – Ludwig Mies van der Rohe, 1929 – Barcelona, Spanien
  • Clubsessel B3 “Wassily Chair”- Marcel Breuer, 1925
  • Bauhaus-Teppiche und Gobelins  – Gunta Stölzl, 1923
  • Musterhaus am Horn – Georg Muche, 1923 – Weimar, Deutschland
  • Wagenfeld-Tischleuchte – Wilhelm Wagenfeld, 1924
  • Cesca Chair (Freischwinger-Stühle) – Marcel Breuer, 1928
  • Universal Alfabet  – Herbert Bayer, 1926
  • Meisterhaus-Siedlung – Walter Gropius, 1925-1930 – Dessau, Deutschland
  • Tee-Extraktkännchen MT 49  – Marianne Brandt, um 1924
  • Weißenhofsiedlung  – Verschiedene Architekten, darunter Le Corbusier, 1927 – Stuttgart, Deutschland
  • Bauhaustreppe – Gemälde von Oskar Schlemmer, 1922 (im Bauhausgebäude in Weimar)

Zeitstrahl Bauhaus

1919 Aus dem Zusammenschluss der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst und der Kunstgewerbeschule Weimar wird das Bauhaus in Weimar gegründet.
1923 Das Bauhaus zieht nach Dessau um und bezieht dort in ein neues, von Walter Gropius entworfenes Gebäude.
1926 Das markante Gebäude mit der Glas-Vorhangfassade in Dessau wird eingeweiht.
1928 Walter Gropius gibt die Leitung des Bauhaus an Hannes Meyer ab.
1930 Der Architekt Ludwig Mies van der Rohe wird zum neuen Direktor des Bauhaus ernannt.
1931 Von den Nationalsozialisten aus Dessau verdrängt, probiert Mies van der Rohe das Bauhaus in Berlin als private Institution weiterzuführen.
1932 Aufgrund politischer Spannungen und finanzieller Probleme wird das Bauhaus in Berlin geschlossen.
1933 Die Machtergreifung der Nationalsozialisten bedeutet das endgültige Aus für das Bauhaus.
1939-45 Viele Dozierende und Studierende des Bauhaus fliehen in die USA, die Schweiz oder Israel und führen dort im Geiste des Bauhaus Kunstausbildungen, Architekturbewegungen und die Formensprache des Modernismus fort.
1945 Vor allem in den USA lebt der Einfluss der Bauhaus-Schule weiter. Der International Style wird bald zum tonangebenden Baustil in der Architektur.
1953 Das Bauhaus-Archiv in Berlin wird gegründet, um die Geschichte und Ideen des Bauhaus zu bewahren und zu präsentieren.
1996 Die Bauhaus-Universität Weimar setzt mit gestalterischen Studiengängen den Geist des Bauhaus von 1919 fort.
Gegenwart  Das Bauhaus wird als eine der einflussreichsten Schulen für Kunst, Design und Architektur des 20. Jahrhunderts gesehen.

Video : Antonio de Campos über das Bauhaus

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