In The Studio

Sandra Rauch

Oben im komplett geweißten Studio angekommen, flutet das Berliner Licht in einer gleißenden Welle durch das Atelier. Es schießt durch breite Fensterbänder und trifft direkt auf unzählige Materialien, Utensilien und die neuesten Werke von Sandra Rauch.

Alles in dem luftigen Raum, hoch über dem Berliner Mauerpark, die gesamte Stimmung, aber vor allem die unzähligen grellen Farbspuren und Gläser mit Farbpigmenten, ja selbst die Künstlerin in ihrem Outfit und mit den besprenkelten Sneakern, erinnert umgehend an den energetischen Duktus ihrer Metropolen-Werke.

Es ist, als betrete man leibhaftig eines ihrer Bilder. „Das Studio ist für mich der Ort, an dem ich meine Wahrnehmungen von den Reisen in die Metropolen der Welt nahezu haptisch und gegenständlich auferstehen lasse.“ Hier prasselt das Trommelfeuer der Assoziationen und Perzeptionen ein zweites Mal auf sie ein – als Farb – und Architekturecho erlebter Tage in New York, Tokio oder in welcher Metropole auch immer. „Im Grunde verwandele ich dabei meine inneren Bilder in äußere Werke.“
Die Farben und Materialien, die sie verwendet, spielen zudem eine bedeutende und wesentliche Rolle im Herstellungsprozess. Mit ihrer Hilfe übersetzt sie das Gesehene in Ungesehenes.

Der Malgrund der Bilder besteht meist aus Acrylglas, das sie in unterschiedlichen Techniken bearbeitet: Mit Siebdruck, durch Aufbringen fotografischer Signets, flankiert von Typographien und weiteren Elementen. Wenn der Entwurf stimmt, kommt der Rausch der Farbe hinzu, die dynamische Wechselwirkung von Licht und Schatten, die Durchdringung von Architektur und Transparenz, die ihren Werken diese unverwechselbare Tiefe und aufgeladene Atmosphäre verleihen. Man spürt förmlich, wie sich jedes einzelne Bildelement in dem offenen, weiten Raum des Ateliers zunächst frei bewegen und dann dynamisch seinen Platz innerhalb des Werks einnehmen kann.

Es scheint wie von außen ins Bild hinein zu schweben, nicht nur allein von der gestalterischen Hand der Künstlerin geleitet, sondern vom Raum selbst und dem immensen Licht über der Stadt getragen. Berlins Straßen, sagt die Künstlerin, seien ja insbesondere im Winter nicht unbedingt ein Ort der Farbexplosion.

Ob es für sie einen Unterschied mache, tagsüber oder bei Nacht zu arbeiten? „Eigentlich nicht, denn auch die Dunkelheit hat ihre eigene Farbe, oder besser gesagt, ihr eigentümliches Licht, in dem das Gegenständliche und die Idee eines Ortes für mich zur multiplen Großstadtvision verschmelzen.“ So besitzen ihre Werke letztlich immer beides: „Eine Nacht- und eine Tagseite, und je nach Lichteinfall kommt das eine oder das andere stärker zur Geltung.“ Ein Blick auf ihr neuestes Werk verrät, in Berlin muss es zuletzt starken Wind gegeben haben, der sich in verheißungsvollen Blautönen sehr energetisch in eine gebürstete Aluminiumplatte einrieb.