Alles, nur kein Zufall

Einzigartige Kunstwerke der Staged Photography

Bei der Staged Photography oder auch der inszenierten Fotografie geht eine Vorstellung oder eine konzeptionelle Idee dem Bild voraus. Die Fotografie entsteht zunächst im Kopf, erst dann wird sie in die Wirklichkeit umgesetzt.

Das Moskauer Künstlerduo Andrey Yakovlev & Lili Aleeva betreibt ein Spiel der Referenzen mit der Kunstgeschichte. Ihre Fotografien rekurrieren auf berühmte Werke der Kunstgeschichte, deren Stil und Bildaufbau als Inspirationsquelle dienen. Die beiden inszenieren und fotografieren derart detailliert und pointiert, dass ihre Arbeiten über jeden Verdacht des Pastiche erhaben sind und eigenständige spannende Erzählungen kreieren. Bei ihrem neuesten Porträt nehmen sie sich Picassos frühe Werke der blauen und rosa Periode zum Vorbild. Diese Gemälde liegen weit vor den kubistischen Innovationen und führten ihn in die Welt der Gaukler und Artisten seiner Kindheit. Yakovlev und Aleeva setzen nicht nur den signifikanten blauvioletten Schimmer jener Phase fotografisch und inszenatorisch bestechend genau um, sondern nehmen sich zugleich des Topos der Melancholie an, erzählen ihn jedoch auf ihre Wei- se. Die Ballerina sitzt erschöpft und in Gedanken versunken nach der Tanzstunde vor einem Glas feurig roter Tomaten, die in dem Bild sowohl farblich als auch narrativ eine ungewöhnliche und geheimnisvolle Bedeutungsspur hinterlassen.

Den Traum vom Schweben inszeniert der ungarische Künstler Bence Bakonyi bewusst vor dem Hinter- grund ausgesuchter Architekturen. Die Bilderserie Floating zeigt junge Frauen in fließenden Gewändern, die in diesen architektonischen Räumen geradezu federleicht in die Luft steigen. Die massiven Bauwerke steigern den Eindruck der überwundenen Schwerkraft perfekt. Das monumentale Foyer des Museums der Hamburgischen Geschichte gleicht dabei einer Kathedrale des Lichts. Der Treppenaufgang erinnert an eine Bühne. Es entsteht ein spannungsreiches Gefühl stehen gebliebener Zeit, eines Moments des Innehaltens im Fluss der Bewegung. Steigt die Schwebende in die Höhe, oder wird sie fallen? Die Fotografie stellt uns vor die Frage, ob wir uns schon in einem Traum oder noch in der Realität befinden.

„IN MEINER FOTOGRAFIE STREBE ICH NACH DEM UNERREICHTEN UND UNERREICHBAREN.“
Kate Woodman

Mit viel Liebe für Detail und Dekor verwandelt die Fotografin Kate Woodman das gesamte Set in ein Bühnenbild. Nichts wird dem Zufall überlassen. Dies ist die Grundlage für die emotionale Atmosphäre, die sie in ihren Arbeiten erzeugt. Das Styling der Models und das Arrangement der Requisiten vervollständigt die Vorbereitungen, bevor Woodman zur Kamera greift. In ihrem Werk Marionette inszeniert die in Portland lebende Künstlerin im übertragenen Sinne die Vielfalt der Persönlichkeit an einem Ort, der sich außerhalb von Raum und Zeit zu befinden scheint. Die Protagonistin befindet sich dabei an mehreren Positionen zugleich. Woran sie denkt und wovon sie bewegt wird, ist dabei ganz der Vorstellung des Betrachters überlassen.